Meine Wellensittiche leben seit etwas mehr als 8 Jahren in einer Außenvoliere. Hier genießen sie das ungefilterte Sonnenlicht und das wirkt sich intensiv auf ihre Vitalität aus und somit auch auf ihr "Liebesleben". Da es sich, seit sie draußen leben, tatsächlich auffällig verändert hat, möchte ich hier näher darauf eingehen.

Das Paarungsverhalten und Liebesspiel beginnt und endet damit, dass das Männchen seine Liebste füttert. Es gehört zum Balzritual, um sie in Stimmung zu bringen. Dadurch beweist er ihr besonders seine Nähe und seine Bereitschaft, für sie da zu sein. In Gefangenschaft ist es so etwas wie ein Geschenk, denn der gefüllte Futterteller ist ja nie weit entfernt und eigentlich kann sie sich selbst bedienen. Durch die zusätzliche Fütterung des Weibchens durch das Männchen neigen die Weibchen in Gefangenschaft eher zum Dicksein.

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In freier Wildbahn ist dieses Füttern natürlich sehr wichtig, denn in der Zeit, wo das Weibchen in ihrer Bruthöhle sitzt und ihre gelegten Eier wärmt, füttert und versorgt das Männchen das Weibchen. Er hetzt dann eifrig umher, sammelt Körner von den Gräsern, die er findet und fliegt wieder zu seinem Weibchen, das schon auf ihn wartet. In Gefangenschaft ist dieses Verhalten im Grunde nicht überlebensnotwendig - er festigt dadurch die Beziehung und "verspricht" ihr, gut für sie und ihre gemeinsame, zukünftige Brut zu sorgen. Während er immer in Bewegung ist, sitzt das Weibchen und wird fett gefüttert. Meistens ist es das Männchen, das vor seinem Weibchen sitzt und Futter aus seinem Kropf nach oben befördert, damit er es über den Schnabel seiner Auserwählten geben kann. Dabei sieht es so für uns so aus, als würden sie sich küssen.

 

Ich habe mal gelesen, dass ein Weibchen genau beobachtet wie sie gefüttert wird, und ob das Männchen sich dabei geschickt anstellt. Denn für ihre kommende Brut wird sie nur den tatsächlich erhören, der diese Technik beherrscht. Schließlich muss sie sich auf ihn und seine Fütterungstechnik bei der Aufzucht der Jungtiere verlassen können.

Bei meinen Männchen ist mir aufgefallen, dass sie, wenn ihnen ein Weibchen gefällt, sich neben diese setzen und mit aufgestelltem Kopfgefieder und zu ihr hingestrecktem Körper, besonders lustvoll zu trällern beginnen. Die Beine sind dabei gestreckt, man kann gut die innere Spannung erkennen und sie singen und quatschen, ohne Punkt und Komma. Dazwischen fliegen sie häufig kurz auf, setzen sich auf die andere Seite des Weibchens und beginnen ihren Singsang von Neuem.

 

Sie wollen damit die Auserwählte beeindrucken. Am Bild von Jacob und Emily kann man es ganz deutlich sehen. Beide sind einander zugewandt und er steht mit ganz gespanntem Körper neben seiner Liebsten. Merkt er, dass er gut ankommt, steigt seine Spannung und er flippt fast aus, während er dabei singt und trällert. Zwischendurch pickt er immer wieder kurz gegen ihren Schnabel. Die Begeisterung ist ihm deutlich anzusehen, aber auch das Weibchen freut sich über seine Bemühungen. Andernfalls würde sie wegfliegen oder sogar nach ihm hacken.

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Dabei steigt seine Erregung und er versucht immer wieder einen Fuß auf ihr Gefieder bzw. Rücken zu legen.  Man nennt diese Handlung in der Partnerwerbung "treten".  Er zeigt ihr damit an, dass er auf ihren Rücken steigen möchte, um mit ihr zu kopulieren.

 

Das erfahrene Männchen schafft es problemlos sich auf dem Rücken zu halten, seinen Schwanz in Richtung Kloake zu knicken und voller Begeisterung seine Bewegungen zu vollführen, ohne herunterzufallen. Unerfahrene Männchen bemühen sich auch auf dem Weibchen zu bleiben, doch gelingt dieses nicht immer beim ersten Mal.

 

Um sich abzustützen und besser im Gleichgewicht zu bleiben, legt das Männchen - es sieht liebevoll aus - einen Flügel, häufig sogar beide, um das Weibchen, dabei singt und quatscht er sehr gerne, was das Weibchen wohl zusätzlich stimuliert. Ihre, wie auch seine Augen werden dabei groß und größer, die Pupillen ganz klein - ich sage dazu immer "Kringelaugen" - und man sieht beiden die Extase an. Die Köpfe sind einander zugewandt und ich hatte häufig den Eindruck, dass sie einander liebevoll anschauen - oft berühren sich ihre Schnäbel wie zum Kuß.

Wenn das Weibchen es zulässt, d. h. sie möchte sich auch mit ihm paaren, nimmt sie eine Stellung ein, die irgendwie der Form einer Banane ähnelt. Sie geht in die Hocke und liegt fast auf ihrem Bauch, dabei biegt sie ihren Rücken durch, sodaß die Kloake für das Männchen gut erreichbar ist. Ihren Schwanz hält sie dabei aufrecht. Nun kann das Männchen sich mit beiden Füßchen festhaltend, balancierend auf den Rücken des Weibchens begeben und seinem Trieb nachgehen.

 

Dieser Tretakt dauert nicht immer gleich lang. Er kann einige Sekunden, aber tatsächlich auch mehrere Minuten lang anhalten. Dabei bleiben die beiden nicht nur in einer Position stehen, sondern wechseln häufiger die Seiten, d. h. einmal wird die Kloake von links bedeckt und kurze Zeit später von rechts (oder umgekehrt). Auch konnte ich häufig beobachten, dass das Weibchen mit dem Männchen auf dem Rücken auf dem Ast eine Kehrtwende machte und sich dann wieder in Position brachte.

 
Wenn Wellensittichpaare miteinander "Liebe machen", heißt das nicht unbedingt, dass sie auch kurze Zeit später Eier legen und Jungvögel ausbrüten werden, sondern es heißt auch, dass ihnen diese Beschäftigung Spaß macht und sie sich ihre Zuneigung zeigen oder sie einfach nur ihrem Trieb folgen. Limo und Nymphi sind seit 2008 ein Paar und "puscheln" schon viele Jahre miteinander. Limo hat in dieser Zeit noch nie ein Ei gelegt.

 

Die Entwicklung von Eiern wird hormonell gesteuert und Auslöser für diese Entwicklung kann ein angebotener Nistkasten oder auch nur eine dunkle Ecke sein. Die Vorfahren unserer Wellensittiche leben heute noch in den Trockengebieten Australiens und in den Eukalyptuswäldern. Sie fliegen in großen Schwärmen dem Regen hinterher, ohne eigene Reviere zu haben. Sie sind Nomaden und fressen am allerliebsten halbreife Samen. Die Regenzeit und die dann frisch wachsenden Gräser mit ihren Samen lassen die Vögel brutig werden, und sie beginnen Höhlen in den Bäumen zu suchen, aber auch im Boden zu buddeln. Sie betreiben Koloniebruten, da mehrere Vögel in der Nähe besser die Umgebung im Auge behalten können, um notfalls ihre Artgenossen vor Feinden warnen zu können.

 

Bietet man den Vögeln in Gefangenschaft also kein Futter im Übermaß, nur ab und zu Keimfutter oder Quellfutter, weniger Frischfutter an, so haben sie nicht den Drang sich fortzupflanzen und legen in der Regel keine Eier. Soweit ich weiß und beobachtet habe, ist es auch vor allen Dingen eiweißreiche Kost und die Tageslichtdauer, die wichtige Schlüsselfaktoren für die Brutstimmung sind; Grünfutter und Keimfutter regen aufgrund ihres hohen Proteingehalts ebenfalls die Brutlust an. Je länger das Tageslicht andauert, umso mehr Hormone kreisen durch die Körper der Wellensittiche und sie kommen vermehrt in Stimmung. Leider kann ich die Tageslichtdauer in meiner Außenvoliere nicht eindämmen, um die Hormone meiner Kostbarkeiten herunterzuregeln.

 

Natürlich gibt es auch hierbei Ausnahmen von der Regel. Ein Wellensittichweibchen von mir - Lavender - war so ein Beispiel. Als sie in der Außenvoliere lebte, mit dem täglichen, natürlichen UV-Licht, der klaren Luft, den unterschiedlichen Witterungsverhältnissen, legte sie mehrfach Eier, ohne eine Höhle oder Ähnliches vorgefunden zu haben. Sie ließ die Eier einfach so auf einem Ast sitzend, ins Gras plumpsen.